Die Villa Borg ist ein Forschungsstandort für antike Glastechnologie
Die Römische Glashütte der Villa Borg: Forschung, Handwerk und Feuer im Borg Furnace Project (BFP)
Die Römische Villa Borg in Perl-Borg ist mehr als nur ein archäologischer Park – sie ist ein lebendiges Forschungslabor. Im Rahmen des „Borg Furnace Project“ (BFP) wurde hier eine römische Glashütte detailgetreu nachgebaut, in Betrieb genommen und wissenschaftlich analysiert.
Ziel war es, die antiken Methoden der Glasherstellung, -formung, -entspannung und -nutzung in unserer Region – von Fensterglas über Trinkgefäße (wahrscheinlich auch für die Bierproduktion der Villa) bis hin zu Mosaikglas – umfassend zu verstehen.

Das Projekt durchlief mehrere Phasen:
BFP 2013: Bau und erster Probebetrieb der rekonstruierten Öfen.
BFP 2014: Start des systematischen Forschungsprogramms zur römischen Gefäßglasproduktion.
BFP 2015: Erweiterung der Anlage und Durchführung neuer Experimente zur Herstellung von Rohglas, römischem Fensterglas, Rippenschalen und Mosaikglas.
Die Glashütte, deren Design auf einem Grabungsbefund aus Trier basiert, ist direkt im Archäologiepark der Römischen Villa Borg in Perl-Borg an der Mosel angesiedelt.
Ihre realitätsnahe Rekonstruktion ermöglicht nicht nur Vorführungen, sondern auch authentische Forschungs- und Arbeitsbedingungen.
Die rekonstruierten Öfen
Zur römischen Glasherstellung bedarf es nicht eines einzelnen Ofens, sondern mehrerer spezialisierter Typen:
Schmelzofen („GO Borg 1“): Dieser Ofen dient dem Einschmelzen der Glasrohmasse bei extrem hohen Temperaturen, um zähflüssiges, formbares Glas zu gewinnen. Sein Design orientiert sich an römischen Befunden und ist für Holzbeheizung – wie in der Antike – ausgelegt.
Die Untersuchung seiner Brenncharakteristik ist ein zentraler Forschungsbestandteil.
Kühlofen („KO Borg 1“ und „KO Borg 2“): Frisches Glas muss langsam abkühlen, um Risse zu vermeiden.
Dafür wurde ein erster Kühlofen nach römischem Vorbild gebaut. Für die Produktion großformatigen Fensterglases wurde später ein zweiter, größerer Kühlofen („KO Borg 2“) ergänzt.
Die detaillierte Dokumentation von Spannungsrissen bei Testläufen lieferte wichtige Erkenntnisse über die antike Technik.
Perlen-/Kleinofen (Schachtofen): Ein kleiner Schacht- oder Perlenofen wurde für die Herstellung von Glasperlen errichtet und von Studierenden der Universität des Saarlandes betrieben. Dies unterstreicht den Bildungs- und Forschungscharakter des Standortes.
Das Ergebnis ist eine voll funktionsfähige, mehrteilige Glashütte in der Römischen Villa Borg, die eine Schritt-für-Schritt-Nachbildung antiker Produktionsprozesse – von der Glascharge bis zum fertigen Produkt – ermöglicht.
Inhaltliche Schwerpunkte der Experimente
Rohglas-Herstellung:
Im BFP wurde Rohglas nach römischen Rezepturen geschmolzen, um zu erforschen, welche Mischungen mit den verfügbaren Brennstoffen funktionieren, welche Klarheit oder Färbung das Glas annimmt und welche Temperaturen für die Verarbeitbarkeit notwendig sind. Diese Forschung ist relevant, da Rohglas oft zentral produziert und in Werkstätten weiterverarbeitet wurde.Römisches Fensterglas:
Ein Fokus des BFP 2015 lag auf Fensterglas. Zwei römische Herstellungsmethoden wurden praktisch nachvollzogen:Flachglas (gestreckt/gezogen): Hierbei wird eine Glasportion auf eine Keramikunterlage gestreckt, um eine raue, mattierte Flachglasplatte zu erzeugen. Solche Fragmente sind archäologisch in der Villa Borg gefunden worden, was direkte Vergleiche mit Originalfunden ermöglicht.
Kuppelförmiges Fensterglas (gewölbte Scheiben): Glasplatten wurden über halbkugelige Formen gewölbt, um schalenartige Fensterelemente zu schaffen. Diese Methode wurde ebenfalls dokumentiert, um die Nutzung gewölbter Fenster in thermisch beanspruchten Gebäudeteilen zu verstehen.
Diese Experimente sind keine bloße Inszenierung, sondern liefern wichtige Vergleichsdaten für archäologische Funde aus der Villa Borg.Mosaikglas:
Es wurden hellenistische und frühe römische Techniken der Mosaikglas-Herstellung untersucht, bei denen farbige Glasstücke zu Mustern zusammengefügt, erhitzt und verbunden werden. Besonders hervorzuheben ist das „Chunk Gathering“, eine Arbeitshypothese der Glaskunsthistorikerin E. Marianne Stern. Dabei nimmt der Glasmacher gezielt farbige Glasbrocken auf die Pfeife, um daraus ein Gefäß zu blasen. Der erfolgreiche praktische Nachweis dieser Technik in Borg ist von hohem archäologischem Wert.Rippenschalen:
Das Projekt untersuchte die Formgebungsschritte (Druck, Drehen, Nachformen) zur Herstellung der charakteristischen Rippen von Rippenschalen, typischen Luxusgefäßen der römischen Kaiserzeit. Die rekonstruierten Stücke dienen dem Vergleich mit Scherbenfunden.
Beteiligte Partner
Das BFP ist ein wissenschaftlich fundiertes Projekt, das auf einer breiten Zusammenarbeit beruht:
Archäologiepark Römische Villa Borg: Standort, Infrastruktur und archäologischer Hintergrund.
Universität des Saarlandes: Institut für Alte Geschichte sowie Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie, welche die Ofenläufe 2014 und 2015 als Lehr- und Forschungsprojekte betreuten.
Glasmacher / Glasbläser-Meister aus Europa: Experten wie Mark Taylor, David Hill, François Arnaud und Torsten Rötzsch brachten ihre praktische Erfahrung in historischen Glasblastechniken ein, um Versuchsstücke unter Laborbedingungen zu fertigen.
E. Marianne Stern: Die niederländische Archäologin und Glasspezialistin lieferte unter anderem die These zum „Chunk Gathering“, die vor Ort überprüft wurde.
Studierende: Sie bauten, betrieben und werteten zusätzliche Kleinöfen (Perlenofen) aus, wodurch die Villa Borg auch zu einem Ausbildungsort für angewandte Archäologie wird.
Kurz gesagt: Die Villa Borg ist ein Forschungsstandort für antike Glastechnologie in der Großregion Saar-Mosel-Luxemburg und nicht nur ein Ausstellungsort.
Bedeutung für Villa-Borg.com
Fensterglas in der Antike – Made in Borg: Die Villa Borg liefert experimentelle Beweise dafür, dass im römischen Grenzraum an Saar und Mosel Fensterglas nicht nur genutzt, sondern auch mit rekonstruierbaren Techniken hergestellt wurde. Dies ist entscheidend für die Interpretation römischer Architektur vor Ort, da Fenster mit Glasplatten oder gewölbten Einsätzen mehr Licht, Status und Wetterschutz bedeuteten.
Glas = Infrastruktur: In der Antike war Glas weit mehr als Schmuck; es war ein zentraler Bestandteil der Versorgungstechnik (Trink- und Aufbewahrungsgefäße, Fenster, Mosaike). Das BFP zeigt, dass die Villa Borg diese Themen nicht nur museal präsentiert, sondern aktiv erforscht, was den Standort in der archäologischen Landschaft der Großregion stärkt.
Wissenschaft direkt im Dorf: Die enge Verknüpfung von Forschung, Handwerk und regionaler Verankerung in Perl-Borg, wo eine rekonstruierte römische Villa Rauch aus Öfen steigen lässt, um römische Technologie zu ergründen, ist ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal für villa-borg.com.
Ausbildung der nächsten Generation: Studierende lernen hier, archäologische Hypothesen praktisch zu testen – von der Lehmaufbereitung und dem Ofenbau bis hin zu Brennkurven und der Dokumentation von Glasprodukten. Dies ist Experimentalarchäologie im besten Sinne.
Häufige Besucherfragen (und unsere Antworten)
„Ist das echtes römisches Glas?“ Das im BFP hergestellte Glas ist nicht 2000 Jahre alt, wird aber nach römischen Rezepturen, Werkzeugen und Techniken gefertigt. Der Vergleich mit Originalfunden der Villa Borg ermöglicht ein tieferes Verständnis der antiken Herstellungsprozesse.
„Gab es in der Villa Borg wirklich Fenster mit Glas drin?“ Ja, es gibt Bruchstücke römischen Fensterglases aus dem Areal der Villa Borg. In Borg wurde praktisch demonstriert, wie solche Scheiben (flach gezogen oder gewölbt) hergestellt werden konnten, wobei die bearbeiteten Stücke die gleichen Werkzeugspuren wie die Fundstücke aufweisen.
„Warum zwei Kühlofen?“ Größere Glasflächen sind anfälliger für Risse. Ein zweiter, größerer Kühlofen (KO Borg 2) wurde gebaut, um eine kontrollierte Abkühlung zu gewährleisten. Dabei entstandene Risse und Spannungsbilder wurden wissenschaftlich dokumentiert, da ähnliche Defekte auch an archäologischen Funden zu beobachten sind.
Die Villa Borg ist kein reines Freilichtmuseum, sondern ein aktiver technischer Versuchsstandort für römische Glastechnologie und somit ein integraler Bestandteil der internationalen Forschungslandschaft für römisches Handwerk in der Großregion Saar-Mosel.
Das „Glasofenexperiment“ / „Borg Furnace Project“ liefert:
Verlässliche Rekonstruktionen römischer Glasöfen (Schmelzofen, Kühlofen, Kleinöfen).
Nachvollzogene Produktionsketten (Rohglas → Werkstoff → Gefäß / Fensterscheibe).
Experimentelle Nachweise für antike Techniken wie das Streckverfahren für Fensterglas und das „Chunk Gathering“ für Mosaikglas.
Eine direkte Verbindung von Ausgrabungsbefund, praktischer Herstellung und wissenschaftlicher Auswertung – alles hier in Perl-Borg.
Dies ist der Kern unserer Geschichte auf villa-borg.com: Die Villa Borg brennt Glas wie vor 1800 Jahren und dokumentiert diesen Prozess gleichzeitig mit modernster Laborpräzision des 21. Jahrhunderts.


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