Archäologische Studie: Römisches Leben und materielle Kultur – Eine Übersicht

Archäologische Studie: Römisches Leben und materielle Kultur – Eine Übersicht


Diese Studie beleuchtet diverse Aspekte des römischen Lebens und der materiellen Kultur, mit einem Schwerpunkt auf den nordwestlichen Provinzen des Römischen Reiches und Dacia. Als Quellen dienen archäologische Ausgrabungsberichte, Analysen von Fundmaterialien wie Keramik, Glas, Austernschalen und Spielsteinen sowie Forschungen zur römischen Infrastruktur, einschließlich Limes, Häfen und Latrinen.I. Zentrale Konzepte und ThemenRömische Besiedlung und Infrastruktur

  • Vicus: Zivile Siedlungen, die sich um römische Militärlager entwickelten, beispielsweise in Bonn oder Nijmegen. Diese zeugen von einer Mischung aus Wohn- und Geschäftshäusern (Streifenhäuser), öffentlichen Einrichtungen (Bäder, Latrinen) und Hinterhöfen.

  • Canabae Legionis: Zivile Siedlungen, die unmittelbar an römische Legionslager angrenzten und deren Versorgung sowie Dienstleistungen sicherstellten.

  • Limes: Befestigte römische Grenzen, wie der Dakische Ostlimes, bestehend aus Hilfslagern (Auxiliarkastellen) und Wachtürmen zur Überwachung und Frühwarnung.

  • Häfen und Handel: Die maßgebliche Rolle von Wasserwegen (z.B. Rhein) für den Fern-, Regional- und Lokalhandel, der Güter wie Wein, Öl und Bier ins Rheinland brachte.

Materielle Kultur und Alltag

  • Keramik:

    • Terra Sigillata: Eine weit verbreitete feine römische Keramikart, deren Herkunft (z.B. La Graufesenque) und Handelswege (z.B. nach Köln) durch Töpferstempel und Formen erschlossen werden können.

    • Amphoren: Transportgefäße für Flüssigkeiten (Wein, Öl, Bier, Milchprodukte) und andere Waren, die Aufschluss über Handelsrouten und Konsumgewohnheiten geben.

    • Lichthäuschen/Schornsteintöpfe: Keramikobjekte mit eingeschnittenen Fenstern; ihre Funktion als Architekturmodelle, Kaminaufsätze oder in kultischem Kontext wird diskutiert. Der Fundkontext (Heiligtümer, Bäder, Landhäuser) ist für die Interpretation essenziell.

    • Keramikaltäre: Zylindrische Keramikobjekte mit Brandspuren, die in kultischen Gruben gefunden wurden und als mobile Altäre für Opfergaben dienten.

    • Spardosen: Keramikgefäße zur Geldsammlung. Es existieren große Varianten für Kollekten und kleine, symbolische für rituelle Zwecke (Bauopfer).

  • Glas:

    • Produktion und Handel: Die Entwicklung der Glasherstellung von formgeschmolzenen zu blasgeformten Gefäßen, die Verbreitung von Glashütten (z.B. Sarmizegetusa, Bonn) und die Bedeutung des Glashandels.

    • Gefäßformen und Dekorationen: Diverse Typen von Glasgefäßen (Unguentaria, Becher, Krüge, Platten) und Dekorationstechniken (Fadenauflage, Schlangenfaden, Schliffdekor, Nuppen).

    • Diatretgläser: Kunstvolle Käfigbecher, genutzt als Trinkgefäße oder Lampen, oft mit christlichen Bezügen.

  • Mollusken (Austern):

    • Konsum und Transport: Austern als Luxuslebensmittel, das über weite Strecken ins Binnenland transportiert wurde. Methoden zur Provenienzbestimmung (Isotopenanalyse, Epibionten).

    • Lagerung und Qualität: Die Relevanz der Verpackung für die Frischhaltung und Indizien für kontrollierte Zucht oder zweite Wahl.

  • Brettspiele:

    • Zirkusspiele: Spielsteine mit Pferdenamen oder Wagenlenkern, die zusammen mit Zirkusgrundrissen auf Spielbrettern die Rekonstruktion eines römischen Zirkusspiels ermöglichen. Diese Spiele waren häufig in Städten verbreitet, in denen Zirkusse existierten.

II. Bedeutende Fundorte und ihre Beiträge

  • Bonn (Vicus):

    • Ausgrabung eines Latrinenbaus, interpretiert als römisches „Plumpsklo“.

    • Funde von Amphoren, die den Fern-, Regional- und Lokalhandel mit Öl, Wein und Bier belegen.

    • Vorkommen von Austernschalen, die auf Konsum in der Zivilsiedlung hindeuten, eventuell auch von zweiter Wahl.

    • Fund einer Glashütte oder Glasverarbeitungsanlage.

    • Fund von Lichthäuschenfragmenten.

  • Köln:

    • Hafenfund von Terra Sigillata-Tellern, die auf eine verlorene Schiffsladung verweisen und wichtige chronologische Daten für Töpfer liefern.

    • Funde von Schlangenfadengläsern und Diatretgläsern, die lokale Produktion und Handel suggerieren.

    • Römische Spardosen mit unterschiedlichen Funktionen (Kollekte, rituelle Opfer).

    • Spielsteine für Zirkusspiele.

  • Nijmegen (Canabae Legionis):

    • Lichthäuschenfragmente, die auf eine Nutzung in Verbindung mit Hypokaustanlagen oder in kultischem Kontext in den Canabae hinweisen.

  • Sarmizegetusa (Dacia):

    • Entdeckung eines römischen Wannenofens zur Glasschmelze, möglicherweise für die Herstellung von Fensterglas für öffentliche Gebäude.

    • Funde von Lichthäuschenfragmenten in Heiligtümern.

  • Straubing (Sorviodurum):

    • Ausgrabungen im Südvicus, die einen beheizten Apsisbau freilegten; dessen Funktion als Teil eines Bades oder Speisesaals wird diskutiert.

    • Funde von Keramikaltären in einem Sabazios-Heiligtum.

  • Dakischer Ostlimes (Brâncoveneşti, Călugăreni, Ibăneşti, Chiheru de Jos, Eremitu):

    • Forschung zu römischen Wachtürmen und Hilfslagern, ihrer Bauweise (Wall-Graben-Anlagen, Holztürme) und Funktion (Früherkennung, Informationsweitergabe).

    • Militärische Funde (Fibeln, Schwertriemenhalter, Pfeilspitzen), die die Militärpräsenz belegen.

  • Vindolanda: Einzigartiger Fund eines ovalen, hölzernen Toilettensitzes.

  • Bearsden: Latrine im römischen Fort.

III. Forschungsmethoden und Interpretationen

  • Fundkontextanalyse: Die präzise Untersuchung des Fundortes und der Begleitobjekte eines Artefakts ist entscheidend für dessen Interpretation (z.B. Spardosen, Lichthäuschen).

  • Materielle Analyse: Bestimmung von Material, Herstellungstechnik (z.B. Töpferscheibe, Glasblasen, Modelformung) und Gebrauchsspuren (Ruß, Abnutzung).

  • Typologie und Chronologie: Klassifikation von Artefakten nach Form und Stil zur zeitlichen Einordnung und Verfolgung ihrer Entwicklung (z.B. Drag. Formen bei Terra Sigillata, Lampentypen).

  • Chemische und Isotopenanalysen: Zur Bestimmung der Herkunft von Materialien (z.B. Glasrohstoffe, Austernschalen).

  • Rekonstruktion: Basierend auf archäologischen Befunden und Vergleichen mit bekannten Strukturen (z.B. Latrinen, Öfen, Spielbretter).

  • Interdisziplinäre Ansätze: Kombination von Archäologie mit Geographie, Geschichte, Naturwissenschaften (Archäobotanik, Archäozoologie) und experimenteller Archäologie.

  • Debatten und offene Fragen: Viele Interpretationen sind Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion, z.B. die genaue Funktion von Lichthäuschen oder Diatretgläsern, oder die Lokalisierung von Werkstätten.

Quiz: Römisches Leben und Materielle Kultur


Beantworten Sie jede Frage in 2-3 Sätzen.

  • Was ist ein "Vicus" im römischen Kontext und welche Art von Bebauung wurde im Vicus von Bonn identifiziert?

  • Erklären Sie die Bedeutung von Töpferstempeln auf Terra Sigillata-Gefäßen, wie sie im Kölner Hafenfund beschrieben werden.

  • Welche Hauptfunktionen wurden für die "Lichthäuschen" diskutiert, und welche Bedeutung hat der Fundkontext für diese Interpretationen?

  • Warum sind Austernfunde in römischen Binnenlandsiedlungen wie Bonn bemerkenswert, und welche Herausforderungen ergeben sich bei der Provenienzbestimmung?

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