Was bleibt von der Wasserstoffvision?

 

Villa Borg Aktuell – Wasserstoffträume, Leukbachrealität & Bier

Perl träumt von der großen Zukunft: „HyStarter Wasserstoffregion“ nennt sich das Programm, mit dem die Gemeinde an die Spitze der Energiewende will. Klingt modern, klingt grün, klingt nach Zukunft – und doch stellt sich die Frage: Wie viel davon ist Konzeptpapier, und wie viel Realität für die Menschen in Borg, Oberleuken und entlang des Leukbachs?

Wetter, Leukbach & Bodenhaftung

Bevor wir uns in Zukunftsvisionen verlieren: Ein Blick auf den Boden, den wir haben. Heute in Oberleuken: 9 °C, leichter Wind aus West, Wasserstand des Leukbachs rund 29 cm – ruhig, klar, unspektakulär. 

Die Natur macht, was sie immer tut – sie funktioniert einfach. 

Und genau daran erinnert uns der Leukbach, wenn Politiker in Perl wieder die nächste „Energieinsel“ ankündigen. 


Das Wasser fließt, ob die Gemeinde jetzt „HyStarter“ ist oder nicht.

Das Projekt HyStarter Perl – Papier mit Ambitionen

Seit 2022 läuft das Bundesprojekt „HyStarter Wasserstoffregion“. 

Perl war stolz, in die zweite Förderrunde aufgenommen worden zu sein – mit Beratern, runden Tischen, Visionen und Logos. 

Im Abschlussbericht, fein gelayoutet, steht viel von 70 MW-Elektrolyse, 30 Tonnen grünem Wasserstoff pro Tag und dem Anschluss an die mosaHYc-Pipeline, die Richtung Luxemburg führen soll. 

Bauherr: Lhyfe Deutschland, Baubeginn 2027, Fertigstellung frühestens 2028 oder 2029.

Klingt nach Aufbruch – aber die Realität in Perl sieht nüchterner aus: Die Gemeinde kämpft mit leerstehenden Häusern, sanierungsbedürftiger Infrastruktur, überalternden Vereinen und Haushaltsdisziplin. 

Und während auf den Hochglanzfolien von Zukunft und Klimaneutralität die Sonne lacht, fragen sich viele: Wer kümmert sich eigentlich um die Gegenwart?

Wie realistisch ist das alles?

Die Zahlen wirken ehrgeizig. Um 70 MW Elektrolyse zu betreiben, braucht man konstant rund 100 MW Strom aus Wind und Sonne – den hat Perl derzeit schlicht nicht. 

Auch die Genehmigungen, die Umstellung bestehender Gasleitungen und die Suche nach industriellen Abnehmern stehen erst am Anfang. 

Das Projekt ist technisch machbar, keine Frage – aber zeitlich zu eng gestrickt. 2030 als Zieljahr klingt schön, realistisch ist es nicht.

Der Enthusiasmus der Gemeindeverwaltung ist spürbar, doch es fehlt an Bodenhaftung. 

Man setzt auf große Worte, statt auf kleine funktionierende Schritte. 

Ein Energieprojekt ist kein Wahlplakat – es braucht Struktur, Fachleute, Geduld. 

Und die Politik neigt dazu, lieber Pressemitteilungen zu schreiben, als Leitungen zu verlegen.

Wasserstoff gegen Wirklichkeit

Man könnte sagen: Perl versucht, sich neu zu erfinden – von der Wein- und Grenzgemeinde zur „Energiepionierregion“. 

Aber die Frage bleibt, ob man das Pferd von hinten aufzäumt. Ohne stabile Stromproduktion, ohne regionale Wärmeplanung und ohne Verbraucher ist der Wasserstoff nicht mehr als ein Symbol. 

Man darf es Vision nennen, aber noch kein Programm. 

Und während in Luxemburg längst Elektrobusse rollen, denkt man in Perl noch darüber nach, wo man die erste Tankstelle hinstellt.

Borg und die Villa – ehrliche Energie

Hier oben, im Archäologiepark Villa Borg, läuft die Energieversorgung etwas direkter: Holz, Sonne, Muskelkraft, Bier. 

Das Brauprojekt „Bier wie die Römer“ geht mit regionalem Malz, echtem Feuer und Leukbachwasser voran. 

Keine Pipeline, keine Förderanträge, kein Logo-Design – nur Handwerk, Geduld und Geschmack. 

Und während die Gemeinde auf grünen Wasserstoff wartet, sprudelt in der Taverne schon heute flüssige Geschichte.

Villa Borg Rekonstruktion und Bierprojekt

Vielleicht ist genau das der Unterschied: Hier in Borg baut man, was man versteht – und versteht, was man baut. 

Keine PowerPoint-Träume, sondern Projekte, die man sehen, riechen, schmecken kann. Energie, die Menschen verbindet, nicht nur Investoren lockt.

Was bleibt von der Wasserstoffvision?

Wenn man ehrlich ist, bleibt Hoffnung – aber mit Fragezeichen. Die Pipeline wird kommen, die Anlage vielleicht auch. Aber bis wirklich Wasserstoff in nennenswerter Menge fließt, vergehen noch Jahre. 

Und ob Perl als kleine Grenzgemeinde den Sprung zur europäischen Energieschnittstelle schafft, hängt weniger von den Konzepten ab als von der Geduld, sie umzusetzen.

Im Moment ist HyStarter mehr ein gutes Gesprächsthema im Gasthaus als ein Motor der Region. 

Man redet viel, man plant viel – aber der Strom, der das alles antreiben soll, fehlt noch. 

Und vielleicht liegt die Stärke von Perl weniger im Wasserstoff als im, was es immer schon konnte: Grenzen verbinden, Nachbarn zusammenbringen, Ideen tauschen – bei einem Bier, nicht bei einer Bilanzpräsentation.

Fazit – zwischen Traum und Tat

Perl will Vorreiter sein, doch Vorbilder sind rar. 

Man kann das ehrgeizig nennen oder naiv – je nach Sichtweise. Die Chancen sind da, keine Frage. 

Aber wenn Politik, Verwaltung und Bürger nicht gemeinsam handeln, bleibt die Vision ein leerer Tank. 

Und so steht Borg einmal mehr als Spiegel: Hier funktioniert, was Menschen mit Herz, Hand und Verstand aufbauen. 

Der Rest ist Zukunftsmusik – leise, aber mit Potenzial.

Autor: Alfred Regler
Veröffentlichung: Villa-Borg.com, November 2025
Quellen: HyStarter Abschlussbericht Perl 2023, perl.saarland, NOW GmbH, mosaHYc Pipeline, Lhyfe Deutschland, DWD Oberleuken Wetter, Pegel Alarm Leukbach

Villa Borg Aktuell – Wasserstoffträume, Leukbachrealität & Bier

Villa Borg Aktuell – Wasserstoffträume, Leukbachrealität & Bier

Perl träumt von der großen Zukunft: „HyStarter Wasserstoffregion“ nennt sich das Programm, mit dem die Gemeinde an die Spitze der Energiewende will. Klingt modern, klingt grün, klingt nach Zukunft – und doch stellt sich die Frage: Wie viel davon ist Konzeptpapier, und wie viel Realität für die Menschen in Borg, Oberleuken und entlang des Leukbachs?

Wetter, Leukbach & Bodenhaftung

Bevor wir uns in Zukunftsvisionen verlieren: Ein Blick auf den Boden, den wir haben. Heute in Oberleuken: 9 °C, leichter Wind aus West, Wasserstand des Leukbachs rund 29 cm – ruhig, klar, unspektakulär. Die Natur macht, was sie immer tut – sie funktioniert einfach. Und genau daran erinnert uns der Leukbach, wenn Politiker in Perl wieder die nächste „Energieinsel“ ankündigen. Das Wasser fließt, ob die Gemeinde jetzt „HyStarter“ ist oder nicht.

Das Projekt HyStarter Perl – Papier mit Ambitionen

Seit 2022 läuft das Bundesprojekt „HyStarter Wasserstoffregion“. Perl war stolz, in die zweite Förderrunde aufgenommen worden zu sein – mit Beratern, runden Tischen, Visionen und Logos. Im Abschlussbericht, fein gelayoutet, steht viel von 70 MW-Elektrolyse, 30 Tonnen grünem Wasserstoff pro Tag und dem Anschluss an die mosaHYc-Pipeline, die Richtung Luxemburg führen soll. Bauherr: Lhyfe Deutschland, Baubeginn 2027, Fertigstellung frühestens 2028 oder 2029.

Klingt nach Aufbruch – aber die Realität in Perl sieht nüchterner aus: Die Gemeinde kämpft mit leerstehenden Häusern, sanierungsbedürftiger Infrastruktur, überalternden Vereinen und Haushaltsdisziplin. Und während auf den Hochglanzfolien von Zukunft und Klimaneutralität die Sonne lacht, fragen sich viele: Wer kümmert sich eigentlich um die Gegenwart?

Wie realistisch ist das alles?

Die Zahlen wirken ehrgeizig. Um 70 MW Elektrolyse zu betreiben, braucht man konstant rund 100 MW Strom aus Wind und Sonne – den hat Perl derzeit schlicht nicht. Auch die Genehmigungen, die Umstellung bestehender Gasleitungen und die Suche nach industriellen Abnehmern stehen erst am Anfang. Das Projekt ist technisch machbar, keine Frage – aber zeitlich zu eng gestrickt. 2030 als Zieljahr klingt schön, realistisch ist es nicht.

Der Enthusiasmus der Gemeindeverwaltung ist spürbar, doch es fehlt an Bodenhaftung. Man setzt auf große Worte, statt auf kleine funktionierende Schritte. Ein Energieprojekt ist kein Wahlplakat – es braucht Struktur, Fachleute, Geduld. Und die Politik neigt dazu, lieber Pressemitteilungen zu schreiben, als Leitungen zu verlegen.

Wasserstoff gegen Wirklichkeit

Man könnte sagen: Perl versucht, sich neu zu erfinden – von der Wein- und Grenzgemeinde zur „Energiepionierregion“. Aber die Frage bleibt, ob man das Pferd von hinten aufzäumt. Ohne stabile Stromproduktion, ohne regionale Wärmeplanung und ohne Verbraucher ist der Wasserstoff nicht mehr als ein Symbol. Man darf es Vision nennen, aber noch kein Programm. Und während in Luxemburg längst Elektrobusse rollen, denkt man in Perl noch darüber nach, wo man die erste Tankstelle hinstellt.

Borg und die Villa – ehrliche Energie

Hier oben, im Archäologiepark Villa Borg, läuft die Energieversorgung etwas direkter: Holz, Sonne, Muskelkraft, Bier. Das Brauprojekt „Bier wie die Römer“ geht mit regionalem Malz, echtem Feuer und Leukbachwasser voran. Keine Pipeline, keine Förderanträge, kein Logo-Design – nur Handwerk, Geduld und Geschmack. Und während die Gemeinde auf grünen Wasserstoff wartet, sprudelt in der Taverne schon heute flüssige Geschichte.

Villa Borg Rekonstruktion und Bierprojekt

Vielleicht ist genau das der Unterschied: Hier in Borg baut man, was man versteht – und versteht, was man baut. Keine PowerPoint-Träume, sondern Projekte, die man sehen, riechen, schmecken kann. Energie, die Menschen verbindet, nicht nur Investoren lockt.

Was bleibt von der Wasserstoffvision?

Wenn man ehrlich ist, bleibt Hoffnung – aber mit Fragezeichen. Die Pipeline wird kommen, die Anlage vielleicht auch. Aber bis wirklich Wasserstoff in nennenswerter Menge fließt, vergehen noch Jahre. Und ob Perl als kleine Grenzgemeinde den Sprung zur europäischen Energieschnittstelle schafft, hängt weniger von den Konzepten ab als von der Geduld, sie umzusetzen.

Im Moment ist HyStarter mehr ein gutes Gesprächsthema im Gasthaus als ein Motor der Region. Man redet viel, man plant viel – aber der Strom, der das alles antreiben soll, fehlt noch. Und vielleicht liegt die Stärke von Perl weniger im Wasserstoff als im, was es immer schon konnte: Grenzen verbinden, Nachbarn zusammenbringen, Ideen tauschen – bei einem Bier, nicht bei einer Bilanzpräsentation.

Fazit – zwischen Traum und Tat

Perl will Vorreiter sein, doch Vorbilder sind rar. Man kann das ehrgeizig nennen oder naiv – je nach Sichtweise. Die Chancen sind da, keine Frage. Aber wenn Politik, Verwaltung und Bürger nicht gemeinsam handeln, bleibt die Vision ein leerer Tank. Und so steht Borg einmal mehr als Spiegel: Hier funktioniert, was Menschen mit Herz, Hand und Verstand aufbauen. Der Rest ist Zukunftsmusik – leise, aber mit Potenzial.

Autor: Alfred Regler
Veröffentlichung: Villa-Borg.com, November 2025
Quellen: HyStarter Abschlussbericht Perl 2023, perl.saarland, NOW GmbH, mosaHYc Pipeline, Lhyfe Deutschland, DWD Oberleuken Wetter, PegelAlarm Leukbach

Kommentare

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