Perl – Dreiländereck an der Mosel und die Villa Borg: Geschichte, Kultur und römisches Erbe
Perl – Dreiländereck an der Mosel und die Villa Borg: Geschichte,
Kultur und römisches Erbe
Perl, eine Gemeinde an der Obermosel, ist ein Ort, an dem sich Landschaft, Geschichte und Kultur in einzigartiger Weise überschneiden. Wer heute durch die engen Straßen von Perl spaziert oder den Blick von den Weinbergen hinunter auf die Mosel richtet, ahnt vielleicht nicht sofort, dass dieses Fleckchen Erde seit Jahrtausenden ein Dreh- und Angelpunkt von Handel, Begegnung und kulturellem Austausch war. Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich ein Panorama, das von den Kelten über die Römer bis in die Gegenwart reicht – mit der rekonstruierten Villa Borg als einem der glänzendsten Zeugnisse dieser langen Geschichte.
Perl im Dreiländereck: Lage und Besonderheiten
Perl liegt im Landkreis Merzig-Wadern, an der äußersten Nordwestecke des Saarlandes. Hier berühren sich drei Länder: Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Die Mosel bildet die natürliche Grenze, und von den Ufern bei Perl-Besch hat man Luxemburg und Frankreich stets im Blick. Diese Lage im Dreiländereck hat Perl seit jeher geprägt. Grenzverläufe wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert, und kaum ein Ort an der Mosel hat eine so wechselvolle territoriale Geschichte erlebt.
Die heutige Großgemeinde Perl entstand 1974 durch den Zusammenschluss von 14 Ortsteilen, darunter Borg, Oberleuken, Nennig und Besch. Mit rund 8.500 Einwohnern ist Perl heute eine lebendige Gemeinde, die sich einerseits auf ihre historische Substanz stützt und andererseits von der Nähe zu Luxemburg und Frankreich profitiert.
Besonders bemerkenswert: Perl ist die einzige Gemeinde im Saarland, in der Weinbau betrieben wird – allerdings nicht an der Saar, sondern an der Mosel. Riesling, Elbling und andere Rebsorten gedeihen hier auf Kalk- und Muschelkalkböden in einem Klima, das schon die Römer zu schätzen wussten.
Abenteuerliche Grenzwechsel: Vom Herzogtum bis ins Saarland
Bevor Perl und seine Ortsteile preußisch wurden, hatten sie eine bewegte Geschichte voller Grenz- und Herrschaftswechsel hinter sich. Borg gehörte einst zum Herzogtum Luxemburg, Besch war zwischenzeitlich burgundisch, spanisch und österreichisch-niederländisch, während andere Dörfer vom Kurfürstentum Trier oder dem Herzogtum Lothringen beansprucht wurden.
Erst 1816, nach dem Wiener Kongress, wurden die Orte preußisch und 1822 dem neu geschaffenen Kreis Saarburg zugeordnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Perl schließlich 1946 unter französische Militärverwaltung und wurde 1947 Teil des Saarlandes. Diese ständigen Grenzwechsel haben nicht nur Verwaltungsgeschichte geschrieben, sondern auch das Bewusstsein der Bevölkerung geprägt: Identität war hier nie starr, sondern stets in Bewegung.
Perl-Nennig und Schloss Berg: Glanzlichter am Moselufer
Zu den bekanntesten Ortsteilen zählt Nennig. Hier wurde 1852 ein prachtvoller römischer Mosaikfußboden entdeckt, der zu den größten nördlich der Alpen zählt. Auf 160 Quadratmetern sind Szenen von Gladiatorenkämpfen dargestellt – ein lebendiges Zeugnis römischer Unterhaltungskultur, das bis heute Besucher in seinen Bann zieht.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt Schloss Berg in Perl-Nennig. Die Anlage hat eine lange Geschichte und ist heute ein Hotel mit Spielcasino sowie ein kulinarischer Magnet: Sternekoch Christian Bau hat Schloss Berg zu einer internationalen Adresse der Spitzengastronomie gemacht. Damit schlägt Perl eine Brücke zwischen antiker Vergangenheit und modernem Luxus.
Die Villa Borg: Zeitreise zu den Römern
Das eigentliche Herzstück römischer Geschichte in Perl ist jedoch die Villa Borg. Sie wurde als römische Villa rustica rekonstruiert und ist heute ein Freilichtmuseum, das seinesgleichen sucht. Hier kann man das Leben im 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. mit allen Sinnen erfahren:
In der Taverne werden römische Gerichte nach den Rezepten des Apicius serviert.
In den Werkstätten arbeiten Handwerker nach antiken Methoden.
Der rekonstruierten Badeanlage verdankt man einen lebendigen Eindruck antiker Wellnesskultur.
Im Garten wachsen Heil- und Nutzpflanzen, die schon die Römer kannten.
Besonders spannend ist die Frage, wie eng die Villa Borg mit der Landschaft rund um Perl verbunden war. Der Leukbach, ein kleiner Fluss, der bei Oberleuken entspringt, spielte möglicherweise eine Rolle bei der Wasserversorgung der Anlage. Auch heute noch prägt er das Landschaftsbild und ist in vielen Geschichten der Region präsent.
Die Villa Borg ist jedoch nicht nur ein Ort der Archäologie, sondern auch ein Zentrum für Veranstaltungen. Römertage, Kochkurse, Bierbrauen nach historischen Methoden – hier wird Antike lebendig. Und genau dadurch unterscheidet sich die Villa Borg von vielen anderen Museen: Sie ist kein stilles Schaulager, sondern eine Bühne für Geschichte.
Kultur und Brauchtum in Perl
Perl bietet weit mehr als Römer. Der Quirinusritt, der alljährlich am 1. Mai stattfindet, ist ein Beispiel für lebendige Tradition. Mit der Segnung von Feldern, Wäldern und Tieren soll Fruchtbarkeit und gutes Gedeihen beschworen werden. Ausgangspunkt ist die Quirinuskapelle im Park von Nell, einem barocken Garten in Perl.
Auch Literatur hat in Perl Spuren hinterlassen. Der Lehrer Wilhelm Griesbach sammelte im 20. Jahrhundert Sagen und Geschichten aus dem Raum Perl und hielt damit ein Stück Volkskultur fest. Seine Texte erzählen von Pestkreuzen, Normannenkreuzen und geheimnisvollen Hügeln wie dem „Molknopp“, der sich letztlich als römischer Grabhügel entpuppte.
Besonders originell ist der Bücherschrank im Dreiländereck, der 2016 in einem alten Zollhäuschen eingerichtet wurde. Hier können Menschen aus Deutschland, Luxemburg und Frankreich Bücher tauschen – ein Symbol für kulturellen Austausch im Herzen Europas.
Kriegsgräberstätte Perl-Besch: Erinnern und Mahnen
Ein dunkles Kapitel der Geschichte offenbart sich in Perl-Besch. Hier befindet sich die größte Kriegsgräberstätte des Saarlandes. Neben deutschen Soldaten ruhen hier vor allem russische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland verschleppt wurden.
Die Anlage wurde zuletzt 2016 umgestaltet und soll ein Ort der Erinnerung und Mahnung sein. Doch noch immer bleibt die Tatsache bedrückend, dass viele dieser Opfer namenlos ruhen. Die Kriegsgräberstätte ist damit ein Gegenpol zur fröhlichen Lebenskultur der Region – ein Ort des Nachdenkens.
Die Mosel als Lebensader
Die Mosel ist nicht nur eine Grenze, sondern eine Lebensader. Sie prägt Landschaft, Klima und Kultur gleichermaßen. Schon die Römer nutzten den Fluss für Handel und Transport. Heute zieht die Mosel Radfahrer, Wanderer und Schiffsreisende an.
Besonders reizvoll ist die Moselpromenade in Perl-Besch, die sich zu einem beliebten Treffpunkt für Touristen und Einheimische entwickelt hat. Sie verbindet Freizeit, Natur und Geschichte auf kleinstem Raum.
Fazit: Perl als Tor zur Antike und zur Zukunft
Perl im Saarland ist mehr als eine Gemeinde im Dreiländereck. Es ist ein Ort, an dem sich Geschichte und Gegenwart durchdringen. Die Villa Borg macht die Römerzeit lebendig, Schloss Berg bringt internationalen Glanz, und die Mosel verbindet Menschen und Kulturen.
Wer Perl besucht, begibt sich auf eine Zeitreise: von den Kelten über die Römer bis in die moderne Europaregion SaarLorLux. Dabei zeigt sich immer wieder, dass Grenzen hier nicht trennen, sondern verbinden.
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