„Die Villa der Zeit – Geschichten aus Borg“
Villa Borg |
„Die Villa der Zeit – Geschichten aus Borg“
Ein Romanzyklus in acht Kapiteln, der sich wie eine Mischung aus historischen Essays, regionaler Chronik und literarischer Fantasie liest.
Jedes Kapitel folgt den Themen der acht Kinderlitaneien, wird aber erweitert durch Anklänge an große Werke der Weltliteratur – von Goethe bis Eco, von Christa Wolf bis Ken Follett.
Jedes Kapitel hat:
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eine literarische Referenz,
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eine Regionalszene (Perl, Borg, Nennig, Merzig),
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1–2 wiederkehrende Hauptfiguren,
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und einen poetischen Abschluss.
Kapitel I – Der Atem der Erde
(angelehnt an Hermann Hesse: „Narziß und Goldmund“)
Anna-Lena Seyler trat aus dem Morgendunst, der über den Hügeln von Borg hing, und sah, wie die Sonne die rekonstruierten Mauern der Villa berührte.
Es war, als atmete der Stein.
Die Römer hatten hier vor fast zweitausend Jahren gewohnt, und doch lag unter jedem Pflaster noch eine Spur Wärme.
Ein Duft aus Lehm, Wasser und Zeit.
Neben dem Badehaus arbeitete Helena, die Töpferin, schon an einer neuen Amphore. Sie murmelte lateinische Wörter, halb Zauber, halb Lied.
„Wer Erde formt, formt Erinnerung“, sagte sie leise.
Anna-Lena lächelte. Sie dachte an Hesse, an den Satz, den sie einst im Studium unterstrichen hatte:
„Die Kunst ist die Versöhnung des Menschen mit seiner Erde.“
Und genau das war es, was Borg bedeutete – ein Ort, an dem der Mensch wieder lernt, zu sehen, zu riechen, zu berühren.
Am Abend, wenn der Wind durch die Gärten zog, hörte man es flüstern:
Erde atmet. Stein erinnert. Feuer wärmt. Wasser fließt.
Kapitel II – Das Haus der warmen Böden
(angelehnt an Ken Follett: „Die Säulen der Erde“)
Marcus Servus, der Baumeister, stand mit einem alten Plan in der Hand.
„Diese Römer verstanden das Handwerk“, sagte er, „und sie dachten dabei schon nachhaltig.“
Prisca Sommerfeldt, die junge Forscherin, nickte.
Sie erklärte, wie die Hypokaustenheizung funktioniert hatte: heiße Luft, die durch Kanäle unter den Böden zirkulierte.
Kein Luxus – sondern Wissen.
Das Haus wuchs unter ihren Händen zu einem lebendigen Buch.
Jeder Stein erzählte eine Geschichte, jedes Mosaik war ein Gedicht.
„So baut man nicht nur Mauern,“ sagte Prisca, „so baut man ein Gedächtnis.“
Und in diesem Moment verstand Marcus, warum die Villa Borg mehr war als eine Rekonstruktion.
Sie war eine Brücke. Zwischen Jahrhunderten. Zwischen Menschen.
„Bauen ist glauben“, hatte Follett einmal geschrieben.
Hier, in Borg, wurde dieser Glaube aus Lehm und Licht geboren.
Am Abend, wenn der Leukbach im Tal glitzerte, sprach die Villa selbst, leise und stolz:
Stein auf Stein. Haus wird Heim. Feuer glimmt. Wasser singt.
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